Schwieriger Rollentausch

Rollenkonflikte zwischen Eltern und Kindern

Dorothee Waldorf (Pflegestützpunkt Mayen-Vordereifel) und Martina Pickhardt (Pflegestützpunkt Maifeld) freuten sich mit Dorothee Döring und MGH-Koordinatorin Susanne Breitbach (von links) über die gute Resonanz. © Elvira Bell
Dorothee Waldorf (Pflegestützpunkt Mayen-Vordereifel) und Martina Pickhardt (Pflegestützpunkt Maifeld) freuten sich mit Dorothee Döring und MGH-Koordinatorin Susanne Breitbach (von links) über die gute Resonanz. © Elvira Bell

Bei zwei Vorträgen in Mayen und Polch hat die Autorin und Beraterin Dorothee Döring den Rollenkonflikt zwischen alten Eltern und erwachsenen Kindern zum Thema gemacht.

 

23.05.2024

 

Von Elvira Bell/Paulinus Wochenzeitung im Bistum Trier

 

(Mayen/Polch/eb/pw) - Eingeladen zu den Veranstaltungen in Kooperation mit dem Demenz-Netzwerk Mayen-Koblenz hatte das Caritas-Mehrgenerationenhaus (MGH) gemeinsam mit den Pflegestützpunkten Maifeld und Mayen-Vordereifel.

Das Interesse an den Vorträgen der Autorin sowie Kommunikations- und Konfliktberaterin Dorothee Döring aus Kempten war enorm. Vielleicht weil Probleme mit dem Alter und den Alten oft ein Tabuthema ist, das man mit spitzen Fingern anfasst. „Wenn die Eltern alt werden und nicht mehr allein leben können, findet ein Rollentausch unter den Generationen statt“, erklärte Döring: „Die Kinder werden zu Eltern, die Eltern zu Kindern.“ Dabei entstehe oft eine Spannung zwischen Anspruch und Wirklichkeit.

Es sei für beide Seiten schmerzhaft, den Autonomieverlust zu erleben. „Die Kinder fühlen sich unsicher dabei, plötzlich Bestimmer und Kümmerer zu sein, was früher die Eltern waren. Sie empfinden dies als Übergriffigkeit.“ Die Referentin hatte sich 2004 selbst mit dem Thema und der Pflege ihrer Eltern befassen müssen.

Döring sagte, die altersbedingte Hilfs- und Pflegebedürftigkeit der Eltern zwinge die Kinder, sich mit deren Schwäche und Gebrechlichkeit auseinanderzusetzen, Verantwortung zu übernehmen und nach Lösungen zu suchen. Das führe zur Verunsicherung auf beiden Seiten. Die Referentin riet allen „Kindern“, sich vor dem „Rollentausch“ mit ihren Eltern über Verfügungen zu verständigen und einen Ordner anzulegen, in dem sich alle Papiere befinden.

 

Auszeiten sind wichtig, um den Akku neu aufzuladen

„Durch die Pflegebedürftigkeit eines Familienmitglieds ergeben sich für pflegende Angehörige zusätzlich zur Belastung durch Beruf und Alltagsroutine vielfältige Aufgaben, die übernommen werden müssen.“ Entlastend sei es, Verantwortung auf mehrere Schultern zu verteilen. Oft würden sich alte Eltern heftig gegen eine Fremdbetreuung wehren. „Dann kann es sinnvoll sein, sich von professionellen ambulanten Pflegekräften oder vom Hausarzt unterstützen zu lassen, denn die haben Kraft ihres Amtes eine größere Autorität und Durchsetzungskraft.“

Pflegende Kinder müssten bei aller Liebe unbedingt lernen, „sich ihren alten Eltern gegenüber wirkungsvoll abzugrenzen“. Dabei gehe es um die erforderliche Balance zwischen Nähe und Distanz. Wer das nicht schaffe, ende irgendwann in der chronischen Erschöpfung, im Burnout. „Gönnen Sie sich daher unbedingt Auszeiten, in denen Sie Ihren Akku wieder auftanken können. Planen Sie bewusste Ich- oder Oasenzeiten ein, um sich zu regenerieren.“

Nach dem Vortrag berichtete eine Zuhörerin, deren 80 Jahre alte pflegebedürftige Eltern rund 600 Kilometer entfernt von ihr wohnen, wie sie und ihre Geschwister die Situation erlebten. Die Eltern seien uneinsichtig und wehrten sich „mit Händen und Füssen umzuziehen, weil sie schon mehr als 40 Jahre in ihrer Wohnung leben“.