Gottes Bodenpersonal am Flughafen Stuttgart

Mitarbeitende sind offen für alle und für alles

Flughafen- und Messeseelsorgerin Mechthild Foldenauer im „Raum der Stille“. Bild: Diözese Rottenburg-Stuttgart / Nelly Swiebocki-Kisling
Flughafen- und Messeseelsorgerin Mechthild Foldenauer im „Raum der Stille“. Bild: Diözese Rottenburg-Stuttgart / Nelly Swiebocki-Kisling

Zu Beginn der Pfingstferien in Baden-Württemberg erwartet der Flughafen Stuttgart wieder Hunderttausende Reisende aus der ganzen Welt. Wer sich nach Ruhe sehnt oder in Not ist, findet in der Ankunftsebene des Terminals 3 bei der ökumenischen Flughafenseelsorge ein Ohr für seine Sorgen und Nöte sowie den interreligiösen  „Raum der Stille“. Der Service der Kirchen wird rege genutzt. Ein Interview.

16.05.2024

(Stuttgart/drs)  Wenn am 18. Mai die Pfingstferien in Baden-Württemberg beginnen, werden Hunderttausende Urlauber vom Flughafen Stuttgart in den Urlaub fliegen. In der Ankunftsebene des Terminals 3, gleich neben der Spielhalle und dem Spielplatz, finden Menschen bei der ökumenischen Flughafenseelsorge ein Ohr für ihre Sorgen und Nöte sowie den „Raum der Stille“, einem interreligiösen Gebetsraum für Reisende, Mitarbeiter und Menschen, die sich zum Gebet zurückziehen möchten. Der Service der Kirchen wird rege genutzt.  8,4 Millionen Fluggäste gingen 2023 durch den Flughafen Stuttgart – für 2024 wird sogar mit 9,4 Millionen gerechnet.

 

Vor einer freistehenden Wolkenwand mit den drei großen gelben Worten „Beten, Stille, Andacht“ lädt der „Raum der Stille“ zur Meditation und zum Gebet inmitten des Flughafenlärms ein. Die Kapelle wurde mit Inbetriebnahme des Terminals 3 auf Anregung der Flughafenverantwortlichen im Jahr 2004 eingerichtet. Neben dem „Raum der Stille“ haben die zwei hauptamtlichen, ökumenischen Seelsorger: innen Mechthild Foldenauer von der Diözese Rottenburg-Stuttgart und Matthias Hiller von der Evangelischen Landeskirche in Württemberg ihre Büros. Die beiden Kolleg:innen von der Flughafen-Seelsorge helfen den Menschen, wo immer sie gebraucht werden.

„Beten, Stille, Andacht“: Hinter der Stellwand im Terminal 3 lädt der „Raum der Stille“ zur Meditation und zum Gebet ein. Bild: Diözese Rottenburg-Stuttgart / Nelly Swiebocki-Kisling
„Beten, Stille, Andacht“: Hinter der Stellwand im Terminal 3 lädt der „Raum der Stille“ zur Meditation und zum Gebet ein. Bild: Diözese Rottenburg-Stuttgart / Nelly Swiebocki-Kisling

Ein Interview mit Mechthild Foldenauer:

Wer nimmt diesen Ort in Anspruch? Mit welchen Themen und Bedürfnissen kommen sie und was bietet der Raum?

Der Andachtsraum ist durchgehend geöffnet und unsere Angebote sind niederschwellig und werden rege genutzt. Muslime verrichten ihre Gebete, Reisegruppen und Einzelreisende nutzen den Raum. Wir bieten einmal wöchentlich mittwochs eine Mittagsandacht an – die „Unterbrechung im Alltag“, die unterschiedlich nachgefragt wird. Bibeln in allen Sprachen, Koran, Gebetsteppiche sind vor Ort. Alle Religionen und Nationen sind willkommen und schätzen das auch. Das können wir aus den Bemerkungen im Andachtsbuch ersehen. Und der ‘Raum der Stille‘ wurde sowohl von den christlichen Kirchen als auch vom Imam und vom Rabbiner als Gebetsraum angenommen.

Kommen viele Menschen in den stillen Raum?

Mehr als man ahnt. Montags lege ich immer einen Stapel mit Reisesegen in den multireligiösen Raum aus. Bis Mitte der Woche sind die kleinen Kärtchen weg und ich lege neue aus. In der Adventszeit lege ich „Adventskalender to go“ aus. Auch diese werden in kürzester Zeit mitgenommen.

Worum geht es Ihnen bei Ihrem Angebot?

Es geht uns um einen menschenfreundlichen Flughafen!

Ihre Zielgruppe sind also Reisende?

Ja, aber auch Leute, die hier arbeiten, in den Check-ins, Taxis, in den Läden und  in der Security. Oft sind es Muslime, die sich an ihre Gebetszeiten halten müssen.  Das Personal am Flughafen nützt eher die Seelsorgegespräche. Sie sind im Arbeitsprozess und wollen kurz über ihre persönlichen Nöte und Sorgen sprechen, auch Themen aus dem Arbeitsplatz und Probleme mit Kolleg: innen. Ich mache hier meine Runden, frage die Mitarbeiter, wie es ihnen geht. Ich lasse mich regelmäßig blicken, ohne zu missionieren. Manchmal schickt uns auch der Betriebsrat des Flughafens Leute, denn ich habe hier auch den Auftrag der Betriebsseelsorge. Am Flughafen arbeiten circa 10.000 Menschen, da sind wir auch als Betriebsseelsorger: innen gefragt. Unsere Maxime ist: Was willst Du, was ich Dir tue?

Wer ist Ansprechpartner vor Ort?

Die Flughafenseelsorge verwaltet den Raum und koordiniert Anfragen. Zum Beispiel melden sich Pilgergruppen vorher bei uns und fragen an, ob sie zu einer bestimmten Uhrzeit einen Gottesdienst abhalten können. Reisegruppen fragen an und wollen einen Reisesegen.

Gab es schon mal Grenzsituationen am Flughafen, bei denen die Seelsorge vor Ort wichtig war?

Wir sind quasi die Bahnhofsmission vom Flughafen. Wir hatten im vergangenen Jahr über 80 Einsätze, bei denen wir als Notfallseelsorger: innen gefragt waren. Evakuierungsflüge aus Rhodos und Israel, medizinische Notfälle im Terminal, medizinische Notlandungen, obdachlose Menschen, Todesfälle bei der Belegschaft. Gestern Abend erst ist eine afghanische Familie angereist und musste weiter nach Karlsruhe. Ein Ehrenamtlicher hat sich um sie gekümmert, damit sie eine Bahnfahrt bekommen. Seit der Busbahnhof an den Flughafen verlegt wurde, brauchen auch immer mehr Menschen, die von dort kommen oder mit dem Bus weiterreisen, unsere Hilfe. Wir arbeiten auch sehr eng mit den anderen Stellen am Flughafen zusammen – mit den Terminal Operators und der Bundespolizei. Es gibt nichts, was es nicht gibt! Unterstützt werden wir in unserer Arbeit von derzeit 35 Ehrenamtlichen. Die Ehrenamtliche haben über 10.0000 Mal Hilfe geleistet.

Welche Voraussetzungen bringen die Ehrenamtlichen in der Flughafenseelsorge mit? Wie werden sie qualifiziert und was sind ihre Aufgaben?

Die Interessenten sollten mitten im Leben stehen und körperlich und geistig belastbar sein. Englischkenntnisse sind von Vorteil. Die Freiwilligen dürfen zuerst hospitieren, dann werden sie qualifiziert und am Anfang auch von uns Hauptamtlichen begleitet. Wenn sie eingearbeitet sind, sind sie – gekleidet in blauen Westen –  Ansprechpartner für Passagiere und Besucher mitten im Geschehen des Flughafens und werden mit praktischen Fragen, wie nach dem Weg zu den Airlines, Toiletten oder Parkmöglichkeiten konfrontiert. Aber auch mit  existentiellen Fragen in Lebens- und Notsituationen. Oft müssen sie Passagiere über mehrere Stunden betreuen.

Sie sind auch Seelsorgerin in der Messe Stuttgart?

Genau! Auf der Messe bieten wir einen ruhigen Rückzugsort mitten im Trubel der Messen, direkt neben der Hauptbühne, als Kontrastprogramm zum Geschehen drumherum. Im „Forum der Kirchen“ können die Menschen Kaffee trinken, Gespräche führen oder einfach in Ruhe gelassen werden. Im „Raum der Stille“ bieten wir an Messetagen jeweils von 12:45 bis 13 Uhr eine „Atempause“. Unsere Messeseelsorge ist aber natürlich nur an den Messetagen da. Wir haben einen offenen Terminkalender, wo sich unsere Ehrenamtlichen für Flughafen oder Messe eintragen lassen können.

Wer ist Träger der Flughafen-  und Messeseelsorge?

Die Personalkosten sowie die Reisekosten tragen die beiden Kirchen zu je einem Drittel. Das letzte Drittel trägt der Flughafen, beziehungsweise die Messe.

Die Diözese Rottenburg-Stuttgart umfasst mit ihren 1020 Kirchengemeinden und gut 1,7 Millionen Mitgliedern den württembergischen Landesteil Baden-Württembergs, und ist bundesweit die drittgrößte Diözese. Nach der Emeritierung von Bischof Dr. Gebhard Fürst im Dezember 2023 steht ihr bis zur Wahl eines neuen Bischofs Dr. Clemens Stroppel als Diözesanadministrator vor. Unter dem Dach der Diözese leisten 24.000 Haupt- und 170.000 Ehrenamtliche ihren Dienst für die Menschen und legen so Zeugnis ab vom lebendigen Gott. Auf dem Gebiet der Diözese stehen rund 900 Kindergärten in katholischer Trägerschaft und bieten rund 56.600 Kindern eine Betreuung; rund 100 katholische Schulen werden von 30.000 Schülern besucht, und in 849 karitativen Einrichtungen finden rund 467.800 Menschen eine Betreuung. Im Rahmen des weltkirchlichen Engagements gibt es Partnerschaften mit Diözesen in über 80 Ländern weltweit. Aktuelles sowie Hintergründe bietet die Homepage www.drs.de

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Gebetsbücher der verschiedenen Religionen in verschiednen Sprachen findet man in der interreligiösen Kapelle
Gebetsbücher der verschiedenen Religionen in verschiednen Sprachen findet man in der interreligiösen Kapelle