Gesichter in Ton erzählen mehr als tausend Worte

Die Keramik der Moche-Kultur in den Sammlungen des Lippischen Landesmuseums

Foto: Nünnerich & Asmus
Foto: Nünnerich & Asmus

Gesichter geschmückt und bemalt bis zur Dämonenfratze gegenübergestellt naturgetreuen Darstellungen von Tieren – das Lippische Landesmuseum Detmold zeigt in seinem ersten Sammlungskatalog einen seiner größten Schätze: 128 außergewöhnliche Gefäße der peruanischen Moche-Kultur (ca. 100 v. Chr. – 800 n. Chr.). Ein Formenspektrum, farbenfroh und ausdrucksstark, präsentiert in einem bildreichen Objektteil mit prägnanten Beschreibungen und Deutungen der Gefäße der Band „Die Keramik der Moche-Kultur in den Sammlungen des Lippischen Landesmuseums“. Victòria Solanilla Demestre führt gleichzeitig ein in die Geschichte der Moche-Kultur und der Mythen- und Vorstellungswelt Südamerikas. Hintergründe zur Person des Sammlers Carl Eduard Gaffron sind gleichzeitig ein Spiegel privater Leidenschaft und profunder Kennerschaft präkolumbianischer Kulturgüter.

 

 

Bevor die spanischen Konquistadoren kamen
Vor der spanischen Eroberung im 16. Jahrhundert blühten entlang der Westküste Südamerikas zahlreiche indigene Hochkulturen. Zu ihnen gehörte die Moche-Kultur an der Nordküste des heutigen Peru, die um 100 v. Chr. begann und etwa um 750-800 n. Chr. endete. Was die Bilder ihrer reichen Keramik über diese Kultur aussagen, fasst dieses Buch zusammen.


Obwohl die Zone zwischen Anden und Pazifik durch die eher lebensfeindliche Wüste gekennzeichnet ist, siedelten die Menschen der Moche-Kultur in den Flusstälern, die verschiedentlich die Wüste durchschnitten und in den fischreichen Ozean mündeten. Durch ein ausgeklügeltes Bewässerungssystem verschaffte man sich hervorragende wirtschaftliche Grundlagen für ein differenziertes Gesellschaftssystem.

Zu den bemerkenswerten Erzeugnissen der Moche-Kultur gehören ihre ausdrucksstarken, oftmals figürlich gestalteten und farbenfrohen Keramikgefäße. Diese erregten schon im 19. Jahrhundert die Aufmerksamkeit südamerikanischer wie europäischer Sammler, darunter auch der deutsche Augenarzt Eduard Gaffron, der ab 1892 in Lima praktizierte. Er trug eine umfangreiche Sammlung präkolumbianischer Objekte zusammen, die es wegen ihrer Qualität an der Wende zum 20. Jahrhundert zu großer Bekanntheit brachte und die eine wichtige Rolle bei der frühen Erforschung der südamerikanischen Kulturen spielte.

Sie sind 2.0000 Jahre alt und geben einen eindrücklichen Blick in die Welt einer Kultur, die von ca. 100 v. Chr. bis 800 n. Chr. die Flusstäler zwischen dem Pazifik und den Anden in Nordperu bevölkerte: Die Keramikgefäße der Moche-Kultur, von Victòria Solanilla Demestre zweisprachig vorgestellt in dem Band „Die Keramik der Moche Kultur in den Sammlungen des Lippischen Landesmuseums“ (ET Juni 2019). Die runden Gefäße sind unverwechselbar in ihrer detailverliebten Darstellungsweise. Vor allem die Porträtgefäße vermitteln menschliche Nähe, denn sie sind mit ihren individuellen Gesichtszügen Abbilder der Gesichter von Priestern, Kriegern oder Handwerkern und geben wichtige Hinweise auf Gesichtsbemalung oder Schmuck. Sie sind ein Spiegel der damaligen peruanischen Gesellschaft. Andere Antlitze sind der menschlichen Sphäre geradezu entrückt und zu Dämonenfratzen oder Mischwesen aus Mensch und Tier geformt. Diese keramischen Darstellungen führen in die Glaubens- und Vorstellungswelten der Moche-Kultur.

 

 

Immer wieder aber findet die reale Welt des Moche-Volkes, wie die Fauna in den figürlichen Gefäßen, den akkuraten und naturgetreuen Formen von Geiern, Eulen oder Raubkatzen ihren Ausdruck. Die künstlerische Absicht und die Thematiken sind stets dem symbolischen System der Religion verpflichtet. In ihrem ikonografischen Codex bewegte sich die Gesellschaft.

 

 

 

Zu verdanken hat das Lippische Landemuseum, das mit diesem Band 1 der neuen Reihe „Sammlungskataloge des Lippischen Landesmuseums“ 128 Objekte der Moche-Keramik vorlegt, diese Sammlung Carl Eduard Gaffron. Er verbrachte als Augenarzt fast zwanzig Jahre in Peru und galt als einer der wichtigsten Kenner und Sammler der dortigen archäologischen Kulturgüter. Die Sammlung Gaffrons wurde später auf verschiedene Museen Europas und Amerikas verteilt. Ein Teil gelangte ins Lippische Landesmuseum in Detmold. Mit der vorliegenden Publikation werden die Keramikgefäße der Moche-Kultur zum ersten Mal vollständig publiziert und einer interessierten Öffentlichkeit sowie weiteren wissenschaftlichen Forschung zur Verfügung gestellt.

 

Victòria Solanilla Demestre ist Professorin für Alte Geschichte und Archäologie (präkolumbianische Kulturen) an der Autonomen Universität Barcelona.

 

 

Victòria Solanilla Demestre
Die Keramik der Moche-Kultur in den Sammlungen des Lippischen Landesmuseums
€ 25,00 (D) /€ 25,70 (A)
232 Seiten, 253 Abbildungen
19,5 x 28 cm
gebunden
ISBN: 978-3-96176-069-5

 

 

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Autor: Nünnerich & Asmus-Verlag; zusammengestellt von Gert Holle – 4.07.2019