Von und mit Gert Holle
Vierzig Jahre hatten sie im fernen Babylon in Knechtschaft ausgeharrt. Nun war der verbliebene Rest der Überlebenden nach Jerusalem heimgekehrt und hat dort Häuserruinen und den Tempel in Trümmern liegend vorgefunden. In solch einer aufgewühlten Situation kann ein Wort des Trostes und des Beistandes durchaus Vieles wenden. Das wissen wir nur allzu gut aus eigener Erfahrung. „Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet“, spricht Gott dem Volk Israel im Buch des Propheten Jesaja zu. (Jesaja 66,13).
Oft genug befinden auch wir uns in Lebenslagen, in denen wir ohne Hoffnung sind. Wem ist der Mut nicht schon nach zahlreichen Enttäuschungen abhandengekommen? Und fällt es da nicht umso schwerer, sich die große Wende im Leben noch vorzustellen? - Klar, Dinge verändern sich. Situationen. Menschen. Aus „vorher“ wird „nachher“. So wie das alte Jahr hinter uns liegt, bietet das neue nun andere Chancen. In unseren Gedanken sind wir meist schon beim Morgen und Übermorgen, das Heute vergessen wir. Doch gerade was dazwischen geschieht, ist wichtig. Veränderungen wollen erfahren werden. Ich will sie verstehen können, denn: Das bedeutet Bewegung. Mein Leben bewegt sich. Ständig. Das Alter … die Familie. Fühle ich mich sicher? Bin ich geborgen? Oder sehne ich mich zurück in eine vergangene Zeit? Mag sein, dass sie mir zu langsam vergeht, die Zeit – dass ich ungeduldig werde – mit mir und den anderen. Vielleicht vergeht sie mir auch zu schnell. Und ich habe das Gefühl, sie entgleitet mir. Und ich möchte zum Augenblick sagen: „Verweile doch, du bist so schön!“ … Und schon ist er Vergangenheit.
Will ich überhaupt eine Veränderung? Halte ich mich nicht lieber fest – an Menschen, an Dingen, an Traditionen und Ritualen? Oder aber: Habe ich noch einen Traum, eine Vision, wie alles sein könnte mit meinem Leben? Mit unserer Politik? Mit meiner Kirche? Mit den Menschen, die mir etwas bedeuten? Zeit der Veränderung - Zeit des Wechsels. Meine Zeit in Gottes Händen.
Vielleicht werden Sie ähnlich fühlen und denken, fürchten und erwarten. Da tut es gut, dass Gott auch zu uns spricht: „Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet.“ Hier und jetzt. Nicht erst Morgen oder Übermorgen. Das bedeutet: Gott kann aktuell da trösten, wo man ihn einlässt und wo man sich auf ihn einlässt: Da, wo heute Ängste aufleben, unnütz zu sein. Ängste, nicht mehr den Ansprüchen der anderen zu genügen, keinen Wert mehr zu haben. Da, wo die Angst vor wirtschaftlichem Niedergang einer Philosophie des Wachstums Bahn bricht. Wo das Geld regiert - in Politik, Sport, Religion. - Und Trost heißt da jetzt nicht, dass uns Gott vor solchen Situationen und den damit verbundenen Ängsten bewahrt. Sondern: Gott ist unser guter und zuverlässiger Begleiter in diesen Ereignissen. Er steht sie mit uns durch. In dieser Gewissheit gründet sich Gottes Trost für uns. Er ist unsere Hoffnung und Zuversicht.
Das Volk damals in Jerusalem hat die Häuser und den Tempel wiederaufgebaut. Kein Warten, keine Verzögerung. Gott hat die Seinen getröstet, wie einen seine Mutter tröstet, und ihnen gleichsam das Tor zu einer besseren Zukunft geöffnet. So will er es auch mit uns tun. Wir mögen uns vielleicht in der einen oder anderen Krise aufreiben, von Fragen und Zweifeln gequält, von bösen Vorahnungen und auch so manchen Ängsten bedroht. Und vielleicht haben wir auch nicht die besten Erwartungen an das Jahr 2024. Aber wir dürfen darauf vertrauen, dass Gott bei uns ist und uns tröstet.
Gott spricht: „Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet.“ Diese Zusage setzt ein starkes Signal auch in aktuelle politische Debatten hinein. Gerade in Gipfeltreffen für Flüchtlinge, Finanzen oder Klima werden machtvolle Signale erwartet, aber oft nur lauwarme Ergebnisse erzielt. Dieser Spruch aus der Bibel kann all denen Hoffnung machen, die aus eigener Kraft nicht mehr weiterwissen. Er kann diejenigen beflügeln, die sich für das Recht und das Wohl der Schwachen einsetzen. Er kann dort zu einem gelingenden Leben beitragen, wo Menschen sich zutiefst von Gottes Liebe getragen wissen. Egal, wie aussichtslos uns eine Situation auch erscheinen mag: Gott ist bei uns, wir sind nicht allein. In dieser Gewissheit zu leben, dazu möchte ich Sie ermutigen. – Ihr Gert Holle.
Autor: Gert Holle - 17.01.2024