Angedacht: Mit Sachverstand, Liebe und Augenmaß

Foto: canva.com
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Angedacht – von und mit Gert Holle: Mit Sachverstand, Liebe und Augenmaß

 

„Vorsicht Glatteis – die Streudienste sind im Einsatz …“ Ich muss mich darauf innerlich einstellen. Weh‘ mir, wenn ich jetzt ungeduldig reagiere! Aber ich habe ja die berechtigte Hoffnung, dass es weitergeht. Es wird ja gestreut. Deshalb habe ich auch Zuversicht, dass ich nicht von meinem Weg abkomme.

Und wie ist es mit dem Glatteis unserer Welt? Mit den Veränderungen in der Gesellschaft, den wirtschaftlichen Herausforderungen, den unzählig vielen Konfliktsituationen? Woher nehme ich hier meine Hoffnung, meine Zuversicht, um an ein gutes Ziel zu kommen?

Der dänische Theologe, Philosoph und Schriftsteller Sören Kirkegaard stellte in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts fest: „Der Zustand der Welt ist krank!“ Was ihn zu dieser Diagnose veranlasst haben mag?

Vielleicht die mit der Industrialisierung einhergehende soziale Verelendung vieler seiner Zeitgenossen? Genau weiß ich es nicht. Was ich weiß ist, dass er angesichts dieses „kranken“ Zustandes der Welt nicht verzweifelte. Sein Vorschlag: „Wenn ich Arzt wäre und man mich fragte: Was rätst du? – Ich würde antworten: Schaffe Schweigen!“ –

Das gefällt mir. In einer Zeit, in der jede Nichtigkeit einen Bedeutungsschub durch unzählige Zeitungsartikel, Talk-Sendungen und Stellungnahmen mehr oder minder wichtiger Personen erfährt, wie wäre es da mit Schweigen?
So mancher Sachverhalt könnte mit Sachverstand durchdacht werden. Wir könnten leichter Wichtiges von Unwichtigem unterscheiden. Wir könnten sensibler werden gegenüber „falschen Propheten“, die uns heute dieses und morgen genau das Gegenteil davon auftischen. Wir könnten erkennen, dass hinter vielen Vorhersagen nichts oder nur wenig steckt. Wir könnten merken, dass viele reden, aber tatsächlich nicht nach dem leben, was sie sagen. Und schließlich: Wir könnten die erkennen, die glaubwürdig sind, weil sie mit Sachverstand, Liebe und Augenmaß handeln. Genau so, wie Jesus es tat. Auf ihn können wir uns verlassen, weil wir sein Leben kennen. Weil seine Liebe und das, was er gesagt und getan hat, glaubwürdig ist.

Ich erinnere mich an ein Lied von Daliah Lavi aus meinen Kindertagen, das ungefähr so einsetzte: „Meine Art Liebe zu zeigen, das ist ganz einfach Schweigen. Worte zerstören, wo sie nicht hingehören.“ Liebe durch Schweigen zu zeigen, das klang für mich als Kind eher seltsam. Vor dem Hintergrund des einen heutzutage ständig umgebenden Geschnatters und Geplappers machen diese Worte aber Sinn.
„Erst nachdenken, dann reden!“ – Diesen Rat aus der Schulzeit sollten wir nicht vergessen! Nachdenken darüber, was mein Wort bewirkt: Ich kann den Anderen ärgern oder erfreuen, ihn trösten oder ihm wehtun, ihn vor den Kopf stoßen oder wieder auf die Beine helfen. Wir reden aneinander vorbei oder leben in Missverständnissen: Ich hatte es nicht so gemeint, aber der andere bekam es „in den falschen Hals“, ist nun „eingeschnappt“ – und ich hatte mir gar nichts dabei gedacht…
Warum legst Du deine Worte nicht auf die Goldwaage?, fragt die Bibel. Lieber einmal mehr: Vorher nachdenken! Sich in den anderen hineinversetzen, es jedenfalls versuchen. Dann kann es sein, dass ich anfange zu verstehen. Ich finde den Weg zu ihr oder ihm. Einen Zugang. Das rechte Wort zur rechten Zeit – oder Schweigen. Mit diesem „Streusalz“ bleibe ich auch bei Glatteis auf dem Weg.

Autor: Gert Holle - 13.02.2024