11.07.2025
Mit einer neuen Richtlinie zur Begleitung des Gemeindegesanges in Zeiten akuten Mangels an Organisten versucht man Wege aufzuzeigen, wie dennoch die liturgische Qualität nicht leidet.
Von Stefan Schneider
(Trier/bt) – Und klingen soll es ja auch noch. Brigitte Etten, Pfarrsekretärin in der Pfarrei Saar-Mosel St. Jakobus, wird emotional. Sie koordiniert in der Pfarrei den Dienstplan der Organisten. Das heißt dann aber oft: Lücken im Dienstplan füllen. Was nicht immer gelingt, denn Organisten sind selten geworden. In der Bistumsverwaltung ist diese Problemanzeige, die es in einigen Kirchengemeinden gibt, angekommen. Mit einer neuen Richtlinie zur Begleitung des Gemeindegesanges in Zeiten akuten Mangels an Organistinnen und Organisten versucht man Wege aufzuzeigen, wie dennoch die liturgische Qualität nicht leidet.
„Wir sehen auf der einen Seite die Not in den Gemeinden“, sagt Thomas Sorger, Referent für Kirchenmusik im Generalvikariat: „Oftmals stehen keine Vertretungskräfte zur Verfügung. Auch sinkt die Zahl der Gottesdienstteilnehmenden.“ Oft fehle daher nicht nur der Mensch an der Orgel, sondern auch die Gemeinde, die singt. „Auf der anderen Seite sehen wir aber auch, dass die liturgische Qualität leidet, etwa wenn nach Lösungen gesucht wird, die ohne Organisten auskommen.“ Nur ein echter Musiker könne auf eine konkrete Situation oder auf eine Stimmung reagieren. Auch eine ‘gestufte Feierlichkeit’ sei mit Ersatzsystemen nicht zu erreichen.
Vertretungsorganisten zu finden ist nicht einfach
In der Praxis heißt das für Brigitte Etten: „In zwei von unseren insgesamt sechs Kirchengemeinden haben wir je einen Organisten mit je einer Stunde pro Woche.“ Einer von ihnen und zwei weitere Organisten im Ruhestand seien bereit, soweit ihnen das möglich sei, die Gottesdienste in den anderen vier Kirchengemeinden der Pfarrei abzudecken. „Es gibt noch einen weiteren, jungen Organisten, der noch in der Ausbildung ist.“ Das alles zu koordinieren, ist ihre Aufgabe. Zu einem wirklich zufriedenstellenden Ergebnis kommt sie nicht immer. Als Ersatz eine CD aufzulegen, komme aber in ihrer Gemeinde nicht vor.
„Das Engagement vor Ort ist oft bemerkenswert“, sagt Sorger. Bevor sich aber ‚Lösungen‘ ohne Musiker*innen – etwa mit Musik vom Band – etabliere, was vielleicht kostengünstiger sei, aber die Qualität des Gottesdienstes einschränke, habe das Bistum den Kirchengemeinden diese neuen Richtlinien an die Hand gegeben. „Musik im Gottesdienst folgt dem Grundverständnis von der Feier des Glaubens, dass diese immer teilnehmend und teilgebend von Menschen gestaltet wird.” Vorrang habe daher immer ein*e Organist*in, betont Sorger.
Sei das aber nicht möglich, müsse man überlegen, ob sich das Gottesdienst-Angebot reduzieren könne. „Ist das auch nicht möglich, kann man vielleicht andere Instrumente einsetzen wie etwa Klavier, E-Piano, Gitarre oder eine Flöte.“ Auch dafür brauche man aber jemandem mit dem nötigen liturgischen Verständnis, denn bei dieser neuen Richtlinie geht es nicht nur um die musikalische, sondern vornehmlich um die liturgische Qualität.
Nicht jede Gemeinde traut sich, unbegleitet zu singen
„Vielleicht kann die Gemeinde auch ohne Begleitung singen?“, stellt der Kirchenmusiker in den Raum. Eine Möglichkeit wären notfalls Orgelselbstspielsysteme. Als letzte Möglichkeit, in besonderen Situationen, wie etwa in Altenpflegeeinrichtungen, könne die Begleitung des Gesangs durch aufgezeichnete Musik erfolgen – etwa von einer CD. „Nicht vorgesehen ist es, Musik abzuspielen, die auch den Gesang der Gläubigen ersetzt.“
Auf andere Musikinstrumente kann man in der Pfarrei Saar-Mosel St. Jakobus nicht zurückgreifen, also bleibt nur der unbegleitete Gesang. „Aber nicht jeder Priester fühlt sich sicher, den Gemeindegesang anzustimmen“, erzählt Etten. Manchmal singe die Gemeinde ‚a cappella‘, manchmal finde sich jemand, der die Lieder anstimme, manchmal aber seien es schlicht und einfach auch zu wenige Gottesdienstbesucher, die sich den unbegleiteten Gesang zutrauten.
Die Gründe für den Mangel an Kirchenmusikern seien sehr vielschichtig.
„Es gibt generell weniger Menschen, die sich mit Kirche identifizieren, und die Zahl der Gottesdienstbesuche nimmt ab, besonders der Anteil junger Menschen.“ Es sei schwierig, junge Menschen zu
finden, die eine kirchenmusikalische Ausbildung machen möchten.
Bistum unterstützt mit einer guten kirchenmusikalischen Ausbildung
Die einfachste Ausbildung, die man braucht, um in einem Gottesdienst die Orgel spielen oder einen Chor- oder Kinderchor leiten zu können, ist im Bistum Trier die so genannte die D-Ausbildung, sie dauert zwei Jahre. Zum Einstieg sollte man gute Grundlagen im Klavierspiel haben, je mehr, umso besser. Eine höherwertige C-Ausbildung dauert drei Jahre und braucht einerseits mehr Vorbildung, verlangt auch mehr zeitliches Engagement. Dafür erhält man aber einen Abschluss, der bundesweit als Qualifikation anerkannt ist.
Im Bistum geben neun hauptamtliche Regionalkantor*innen und 40 – ehemalige – Dekanatskantor*innen Orgelunterricht. In den Ausbildungsgängen der Bischöflichen Kirchenmusikschule, etwa in der C-Ausbildung, der D-Ausbildung und in den Kursen für ehrenamtliche Kantoren und Vorsänger lernen zurzeit insgesamt 56 Menschen aller Altersstufen. Darauf hofft auch Brigitte Etten. Sie erzählt: „Zum Ende des Jahres werden wir eine weitere Kirchenmusikerin bekommen.“ Heißt: Weniger Stress im Pfarrsekretariat. Und klingen wird es auch. Infos zur Kirchenmusik im Bistum Trier gibt es hier