31.07.2025
(Nidda/win) - Bad Salzhausen wird schick gemacht – mit Therme, Hotel, Sauna und Fitnessbereich. So zumindest die Vision, die vor ein paar Wochen in Plänen und Broschüren vorgestellt wurde. Derzeit läuft der Abbruch der ehemaligen Justus-Liebig-Therme in der Kurallee. Doch nicht alle blicken ohne Fragezeichen auf das Millionenprojekt. Der Liedermacher und Autor Gert Holle hat sich dem Thema auf künstlerische Weise genähert – mit einem augenzwinkernden, aber inhaltlich scharfen Song: „Goldene Blasen“.
Darin beschreibt er, wie Politik und Öffentlichkeit sich immer wieder von wohlklingenden Investorenversprechen mitreißen lassen – ohne genauer hinzuschauen. Die Geschichte in Bad Salzhausen, wo ein Investor aus Stuttgart bis zum Beginn der Landesgartenschau im Jahr 2027 eine neue Therme mit Hotel bauen will und die Stadt dafür Millionen in die Hand nimmt, dient ihm als konkretes Beispiel für ein größeres gesellschaftliches Muster.
„Ich wollte die Thematik 'Hoffen auf Investoren' auf breiterer gesellschaftlicher Ebene aufgreifen und habe das Projekt in Bad Salzhausen als Beispiel angeführt – natürlich hoffe ich, dass ich mich irre und am Ende Bad Salzhausen zu einem positiven Erfolgsmodell werden kann. Doch noch habe ich meine großen Zweifel“, so Holle im Gespräch.
Eindrucksvoll erzählt „Goldene Blasen“ von Visionen ohne Fundament, Zeitdruck ohne Transparenz und Entscheidungen unter Alternativenarmut – ein Phänomen, das vielen Menschen in der Region vertraut vorkommen dürfte. Goldene Blasen“ ist keine trockene Analyse, sondern ein musikalischer Traum – halb Satire, halb Albtraum. In poetischen und gleichzeitig messerscharfen Bildern erzählt das Lied, wie man sich blenden lässt, weil man zu sehr hoffen will. Weil’s schöner klingt, als es ist. Der Song, den Holle mit einem Video illustriert hat, steht exemplarisch für viele solcher Projekte im Land: Da kommen große Ideen aus der Ferne, doch die Verantwortung bleibt lokal. Die Risiken auch.
Und die Bürgerinnen und Bürger? Werden oft spät einbezogen. Manchmal erst, wenn alles schon entschieden scheint. Der Druck ist groß – man will mithalten, modern sein, mitwachsen. Doch manchmal wäre Widerstand der klügere Schritt. „Einspruch erheben ist kein Nein zum Fortschritt – sondern ein Ja zur Verantwortung“, sagt Gert Holle.
Zwischen Ironie und Ernst: Musik mit Haltung
So ist „Goldene Blasen“ kein reiner Protestsong. Er lädt zum Nachdenken ein, mit Witz und Melancholie. Und er gibt denen eine Stimme, die sich fragen: „Was tun wir da eigentlich – und für wen?“
Wer den Song hören möchte, findet ihn online auf dem regionalen Kultur- und
Gesellschaftsportal „WIR IM NETZ“ unter:
🔗 https://www.wirimnetz.net/regional-1/wir-in-oberhessen/goldene-blasen-wenn-der-traum-vom-glanz-uns-die-augen-tr%C3%BCbt/#gsc.tab=0.
Unter dem Video ist auch der vollständige Text zu lesen.
Ob das Projekt in Bad Salzhausen tatsächlich ein Erfolg wird oder eines Tages als teure Blase endet – das bleibt offen. Rechtzeitig nachzufragen, kritisch zu bleiben – und Träume nicht mit Tatsachen zu verwechseln – das ist das Anliegen des Songs „Goldene Blasen“.
„Goldene Blasen“ - Ein Lied in vier Akten und einem Versprechen
[1. Akt – Die Erscheinung]
Ich träumte im Schatten leerer Bahnen,
wo einst Kinder und Senioren schwammen.
Da tauchte auf – mit warmem Lächeln –
ein Mann, der Zukunft in die Luft versprühte.
Er trug Visionen, schön verpackt,
aus Broschüren und Modellen –
und sprach vom Schatz aus heißem Wasser,
als wär’s ein Quell für unser Seelenheil.
„Ich bau euch eine Wunderwelt,
aus Holz, aus Dampf, aus Gastronomie!
Ihr zahlt, ich lenke – und wenn’s nicht klappt,
dann war’s nur Fantasie.“
[Refrain 1]
Und alle nicken, selig stumm,
wenn’s nur nach Aufbruch riecht und Sauna.
Wer braucht schon Sinn, real ein Bad?
wenn man auf schöne Bilder starrt?
Die Rechnung kommt – ganz ohne Glanz.
Doch zahlt am Ende… der, der nie gefragt.
[2. Akt – Das Schweigen]
Im Rathaus funkeln neue Träume,
die Zahlen tanzen powerpointschön.
„Das hat doch irgendwo geklappt!“
Keiner fragt dann: Wo?, und lässt’s geschehen.
Man streicht Kultur, man spart am Leben,
doch für Visionen ist noch Platz.
Denn wer will denken, wer will fragen,
wenn er Hoffnung hat im Übermaß?
[Refrain 2]
Und alle jubeln, voller Eile:
„Bis 2027 muss es stehen!“
Die Blumenschau, die wird’s schon richten,
obwohl sie nur sieben Monde geht.
Wer braucht schon Sinn, real ein Bad?
Wenn man auf schöne Bilder starrt.
Doch zahlt am Ende… der, der nie gefragt.
[3. Akt – Die Hotel-Illusion]
Ein Haus mit hundert Zimmern wächst
aus Thermengrund – in der Kurallee.
Im Ort stehn schon drei Häuser leer –
doch dieses wird mit Glanz bedacht.
Ein Mantelgang zum Kurhotel,
das klingt nach Luxus und Genie.
Schulkinder plantschen nirgendwo -
ohne Lobby – Investitionsstrategie.
[Refrain 3]
Und alle träumen von Touristen,
die den Kurort überfluten.
Vielleicht kommt einer mal im Juni,
verirrt sich zwischen Wellnessrouten.
Doch bis dahin baut man Träume –
mit Schulden – ohne Fundament.
Denn wer das schönste Schloss erfindet,
plant ohne Keller konsequent.
[4. Akt – Der Abgesang]
Dann ist er weg, der Mann mit Glanz,
die Messe ist gelesen, rumms.
Ein Schild verspricht: „Hier wächst was Großes“,
doch keiner weiß mehr was.
Die Fenster blind, das Wasser fehlt,
das Unkraut sprießt, der Traum verblasst.
Man hört noch leise Stimmen sagen:
„Das war doch alles nur ein Spaß.“
[Schlussrefrain]
Und alle träumen von Touristen,
die den Wandel sicher bringen.
Doch was in bunten Plänen glänzt,
wird selten Wirklichkeit durchs Singen.
Denn wo man Schlösser baut auf Sand,
und Zweifel still im Schrank versteckt –
da bleiben am Ende viele Fragen
zu dem, was keiner je verstand.
(Worte & Musik: Gert Holle – 29.07.2025)