9.10.2025
(Leipzig/re) - Die „Runde Ecke“ war während der Montagsdemonstrationen 1989 der neuralgische Punkt, an dem immer die Gefahr einer gewaltsamen Eskalation bestand. Heute erinnert die Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ mit seinen Angeboten und Ausstellungen authentisch an die Repressionen in der kommunistischen SED-Diktatur sowie deren Überwindung durch die Friedliche Revolution.
Rund um den 9. Oktober 2023 bietet das Museum verschiedene Rundgänge an, präsentiert historisches Filmmaterial von den Leipziger Montagsdemonstrationen und lädt zu einer langen Ausstellungsnacht in den originalen Büroräumen der Leipziger Staatssicherheit ein.
Mit dem markanten Treppenhaus des Stasi-Neubaus, dass in dieser Nacht mit blauem Licht, als optische Landmarke weithin sichtbar wird, erinnert die Gedenkstätte an den friedlichen Sturz der SED-Diktatur und symbolisiert damit eindrucksvoll die Gegenwart der DDR-Vergangenheit.
Mit dem 9. Oktober als städtischen Gedenktag erinnert Leipzig an eine der bedeutendsten Ereignisse der jüngsten Demokratiegeschichte in Deutschland. An jenem Tag entschied sich in Leipzig, ob die Revolution friedlich oder blutig enden würde. Weit mehr als 70 000 Menschen überwanden ihre Angst und stellten sich auf dem Leipziger Ring mit den Rufen „Wir sind das Volk!“ und „Keine Gewalt!“ der bewaffneten SED-Diktatur entgegen. Dieser Tag war der Wendepunkt auf dem Weg zu einer wirklich Friedlichen Revolution für Freiheit und Bürgerrechte und zu einem demokratischen Rechtsstaat, an deren Ende die Deutsche Einheit in einem vereinten Europa stand.
Die „Runde Ecke“, in der sich bis vor fast 36 Jahren die Leipziger Bezirksverwaltung für Staatssicherheit der DDR befand, war immer während der Montagsdemonstrationen 1989 der neuralgische Punkt, an dem die Gefahr einer gewaltsamen Eskalation bestand. Um dies zu verhindern und die friedlichen Absichten besonders zu verdeutlichen, wurden jede Woche tausende Kerzen vor dem Haus und auf den Treppenstufen abgestellt. Somit gilt sie als ein bedeutender Ort der Friedlichen Revolution, in deren Folge die deutsche und die europäische Vereinigung in Frieden und Freiheit möglich wurde.
Wie jedes Jahr erinnert die Stadt Leipzig an den Mut der weit über 70.000 Menschen, die vor über 35 Jahren für Freiheit und Demokratie auf die Straße gingen. Zum Kernprogramm der städtischen Veranstaltungen gehört auch in diesem Jahr um 17.00 Uhr das Friedensgebet in der Nikolaikirche, die nachfolgende Rede zur Demokratie sowie in diesem Jahr anschließend ab 19.00 Uhr ein Lichtweg von der Nikolaikirche über den Neumarkt zum Wilhelm-Leuschner-Platz, auf dem der Grundstein für das Leipziger Freiheits- und Einheitsdenkmal gelegt werden soll.
Die Ereignisse der Friedlichen Revolution müssen bei der Erinnerung immer unmittelbar erlebbar und die Basis für eine Vermittlung in Gegenwart und Zukunft sein.
Eine Vermittlung der Ereignisse und konkreten Abläufe der Friedlichen Revolution 1989/90 ist unabdingbar, gerade wenn in aktuellen gesellschaftlichen Debatten historische Erfahrungen mit heutigen Entwicklungen in Beziehung zueinander gesetzt werden. Museen und Gedenkstätten an authentischen Orten bieten mit ihren musealen Sammlungen von Zeitzeugnissen, den Ausstellungen und Veranstaltungen sowie vor allem mit den historisch erhaltenen Räumlichkeiten und Gebäuden einen geradezu idealen Rahmen, um sich der Ereignisse der Vergangenheit zu vergewissern und auf dieser Basis Schlussfolgerungen für Gegenwart und Zukunft zu ziehen.
Die Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“
befasst sich mit der Geschichte von
45 Jahren kommunistischer Diktatur in der SBZ und DDR sowie der Überwindung dieser Diktatur durch die Friedliche Revolution von 1989. Im Zentrum stehen dabei die drei am Ort virulenten Themen
„Repression in der SED-Diktatur – Friedliche Revolution gegen die SED-Diktatur – Aufarbeitung der SED-Diktatur“, die auch in Zukunft mit einem Blick in
Richtung Weiterentwicklung zu einem „Forum für Freiheit und Bürgerrechte“ als ein wichtiger Ort der Selbstvergewisserung der Bedeutung von Freiheit und Bürgerrechten in Gegenwart und Zukunft sein
kann.
Nur wenn wir vermitteln, wie die SED-Diktatur funktionierte und dass die Menschen 1989 den Mut fanden, sich genau gegen diese über 40-jährige Diktatur völlig friedlich zur Wehr zu setzen, können wir die damals wiedererrungene Freiheit, die Bürgerrechte und den demokratischen Rechtsstaat als etwas schätzen, für das wir uns täglich aufs Neue einsetzen müssen. Dies bedeutet aber auch, dass nicht alle Themen, die auf der Tagesordnung der aktuellen gesellschaftlichen Auseinandersetzungen stehen, einen Bezug zur Friedlichen Revolution haben. Hier ist eine entsprechende Trennschärfe dringend notwendig, um das einmalige historische Ereignis von europäischer Dimension nicht weiter einer thematischen Beliebigkeit auszusetzen.
Aktionsnachmittag des Arbeitskreises „Forum für Freiheit und Bürgerrechte“
Zwischen der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ bis zur Freifläche vor dem Schulmuseum laden die Akteure des „Forum für Freiheit und Bürgerrechte“ von 14.30 bis 16.00 Uhr unter dem Motto „Auf uns kommt es an. Damals wie heute.“ zu einem besonderen Nachmittag ein. Gezeigt wird die Ausstellung „Frauen im geteilten Deutschland“, geraten werden kann beim Quiz „Alltägliches aus der DDR“ oder es wird mit der ganzen Familie gemalt. Untermalt wird das Ganze mit ’89-Soundtrack von bekannten Musikerinnen & Musikern aus der DDR. Die Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ veranstaltet ein Quiz zu Fragen rund um die ehemalige Leipziger Stasi-Zentrale am früheren Matthäikirchhof. Alle Einrichtungen des Arbeitskreises „Forum für Freiheit und Bürgerrechte“ (Stasi-Unterlagen-Archiv Leipzig, Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“, Archiv Bürgerbewegung Leipzig, Stiftung Friedliche Revolution, Schulmuseum, Offenes feministische DemokratieArchiv) sind mit Info-Ständen vor Ort.
Das historisch vielschichtige Areal der früheren Bezirkszentralen von Staatssicherheit und Volkspolizei zwischen Dittrichring und Matthäikirchhof ist heute sowohl ein authentischer Ort der Repression als auch der Selbstbefreiung von der SED-Diktatur durch die Friedliche Revolution. Er soll sich neben einem neuen Wohnstandort zu einem lebendigen, urbanen Raum für Demokratie und gesellschaftlichen Austausch von Generationen zu Zeitgeschichte, Gegenwart und Zukunft entwickeln.
Der Matthäikirchhof markiert den Ursprung Leipzigs („urbs Libzi“) und steht zugleich für DDR-Repression sowie den gesellschaftlichen Wandel nach der Friedlichen Revolution. Seit 2017 verfolgt die Stadt das Ziel, hier ein vielfältiges, sozial gemischtes Quartier zu schaffen, das Vergangenheit und Zukunft verbindet. Ausgangspunkt der Überlegungen ist die Entscheidung des Bundes zum Neubau eines zentralen Archivs für die sächsischen Stasi-Unterlagen auf dem Gelände der ehemaligen "Stasi-Zentrale" Leipzig und die Idee zu einem "Forum für Freiheit und Bürgerrechte" Im Rahmen eines Beteiligungsprozesses entstand der „Matthäikirchhof-Code“ mit zehn Leitprinzipien wie aktive Geschichtsvermittlung, Vielfalt und gelebte Demokratie.
Lange Ausstellungsnacht und historische Original-Aufnahmen der Montagsdemonstrationen in und an der “Runden Ecke“ von 19.00 bis 23.00 Uhr
Im ehemaligen Sitz der Stasi-Bezirksverwaltung Leipzig, einem maßgeblichen Schauplatz der Montagsdemonstrationen 1989, informieren am authentischen Ort das Bundesarchiv – Stasi-Unterlagen-Archiv Leipzig und die Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ über das Wirken der DDR-Geheimpolizei als „Schild und Schwert“ der SED-Diktatur. Es gibt vielfältige Angebote wie Ausstellungen, Beispielakten, Filme und Multimediapräsentationen. Von 19.00 bis 23.00 Uhr ist die ehemalige Stasi-Zentrale geöffnet.
In der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ informiert die historische Ausstellung „Stasi – Macht und Banalität“ in original erhaltenen Stasi-Büros über die Arbeitsweise und die Strukturen der berüchtigten DDR-Geheimpolizei. Gezeigt werden einzigartige Objekte wie eine Abhöranlage, Geräte zur Postkontrolle oder eine Aktenvernichtungsmaschine.
Im ehemaligen Stasi-Kinosaal erzählt die Ausstellung „Leipzig auf dem Weg zur Friedlichen Revolution“ vom friedlichen Umbruch 1989/90. Zahlreiche teils bisher unbekannte Flugblätter, Fotos, Plakate, Filmaufnahmen und Dokumente sowie Objekte zeichnen die Aktionen des politischen Widerstandes in Leipzig sowie die Ereignisse seit dem Herbst 1988 nach, die zur Friedlichen Revolution und zur deutschen Wiedervereinigung in einem vereinten Europa führten. Auch wird ein Blick auf ost-mitteleuropäische Nachbarn und deren Engagement für Freiheit und Demokratie geworfen. Die Ausstellung ist an diesem Tag ebenfalls bis 23.00 Uhr geöffnet.
Historische Original-Aufnahmen der Montagsdemonstrationen vom 7. und 9. Oktober 1989
Mit den Rufen „Wir sind das Volk“ und „Keine Gewalt“ haben sich in Leipzig am 9. Oktober 1989 weit mehr als 70.000 Menschen dem SED-Regime trotz drohenden Schießbefehls friedlich entgegengestellt. Historische Original-Aufnahmen der entscheidenden Montagsdemonstrationen vom 7. und 9. Oktober 1989 werden von 18.00 bis 23.00 Uhr Auf dem Areal der ehemaligen Leipziger Stasizentrale am früheren Matthäikirchhof an die Außenfläche des am Innenstadtring gelegenen Stasi-Saalbaues projiziert.
Stadtrundgang „Auf den Spuren der Friedlichen Revolution“
Herbst ’89: Die Bilder von den Friedensgebeten in der Nikolaikirche, den Montagsdemonstrationen auf dem Innenstadtring und der Besetzung der Leipziger Stasi-Zentrale gingen um die Welt. Die Chronik des Herbstes ’89 begann in Leipzig aber nicht erst mit den Demonstrationen im September und Oktober. Der geführte Stadtrundgang am 09.10.2023 um 11.00 Uhr und am 11.10.2025 um 14.00 Uhr erinnert an markanten Punkten der Leipziger Innenstadt an die historische Entwicklung des Jahres 1989. Zeitgeschichte wird am Ort des Geschehens lebendig und nachvollziehbar. Treffpunkt ist das Hauptportal der Nikolaikirche.
Rundgang „Stasi intern“ durch die ehemalige Leipziger Stasi-Zentrale
Das ehemalige Stasi-Areal hinter der „Runden Ecke“ birgt noch heute viele original erhaltene Räumlichkeiten, die sonst nicht zugänglich sind. Bei der Führung „Stasi intern – Rundgang durch die ehemalige Zentrale des MfS“ am 09.10.2022 um 19.00 und um 21.00 Uhr können diese vom Keller bis zum Boden besichtigt werden. Dazu gehören die verbunkerten Schutzräume im zweiten Kellergeschoss für den Kriegsfall, der Wartebereich der Stasi-eigenen Poliklinik oder die Kegelbahn des MfS. Auch Überbleibsel der einstigen Aktenvernichtung können entdeckt werden. Der Rundgang ist auch für jene interessant, die sich für die anstehende Neugestaltung des Areals interessieren, das zu einem „Forum für Freiheit und Bürgerrechte“ weiterentwickelt werden soll. Der Rundgang bekommt auch eine aktuelle Brisanz, da die Stadt Leipzig inzwischen die Beseitigung aller noch vorhandenen authentischen Relikte des Stasi-Neubaus betreibt. Treffpunkt für die Führung ist der Haupteingang der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“.
Open-Air-Ausstellung "Von der Burg zur Stasi-Zentrale“ Erinnerungen an den Matthäikirchhof
Die Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ präsentiert im Rahmen der Diskussion um die Zukunft Areals der ehemaligen Stasi-Bezirksverwaltung auf dem früheren Matthäikirchhof eine Open-Air-Ausstellung. Auf dem Hintergrund der mehr als 1000-jährigen Stadtgeschichte Leipzigs, die hier mit der urbe libsz ihren Ursprung nahm, steht vor allem die Entwicklung seit Anfang des letzten Jahrhunderts im Mittelpunkt. Vom Verwaltungsneubau der Leipziger Feuerversicherungsanstalt 1913, über die Zerstörung der Matthäi-Kirche und des gesamten angrenzenden Areals in der Bombennacht vom 4. Dezember 1943, der Nutzung der „Runden Ecke“ unter amerikanischer und sowjetischen Besatzung und schließlich dem Sitz der Bezirksverwaltung des MfS bis zu ihrer Besetzung während der Friedlichen Revolution am 4. Dezember 1989 und der nachfolgenden Auflösung wird die wechselvolle Geschichte dieses Areals bis heute erzählt werden. Die Ausstellung ist ganztägig von 0.00 bis 24.00 Uhr frei zugänglich.
Lichtprojekt „HORCHTURM an der OHRENBURG“
Am 9. Oktober 2025 wird der Treppenturm des im Volksmund als „Ohrenburg“ bezeichneten Neubaus der Leipziger Stasi- Zentrale zwischen 18.00 und 24.00 Uhr erleuchtet. Diese Lichtinstallation der Gedenkstätte erinnert mit dem blauen Licht im Treppenturm des Stasigebäudes an den friedlichen Sturz der SED-Diktatur, die Wiedererlangung von Freiheit und Bürgerrechten, eines demokratischen Rechtsstaates sowie der Deutschen Einheit.
Als optische Landmarke wird die Lichtfarbe weithin sichtbar sein und die Gegenwart der DDR-Vergangenheit eindrucksvoll symbolisieren. Am 9. Oktober 2025 wird die „Runde Ecke“ so als wichtiger Ort der Friedlichen Revolution eindrucksvoll in das Lichtfest einbezogen. Das Haus am Dittrichring ist am Abend des Lichtfestes von 19.00 bis 23.00 Uhr unter dem Motto „Lange Ausstellungsnacht – Zeitgeschichte am Original-Ort“ geöffnet.
Open-Air-Ausstellung „Orte der Friedlichen Revolution“ im Leipziger Stadtraum
An 20 Originalschauplätzen in der Leipziger Innenstadt wird die Aufbruchsstimmung in der DDR 1989/90 erlebbar. Als chronologischer Rundgang angelegt, verdeutlicht die Open-Air-Ausstellung der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“, wie aus den oppositionellen Aktionen Einzelner eine Massenbewegung entstand, die die SED-Diktatur in der DDR zum Einsturz brachte und den Weg zur Deutschen Einheit freimachte. Die Stelen mit deutsch-englischen Texten und Bildern sind ganztägig zugänglich und bieten einen niedrigschwelligen Zugang zu den historischen Ereignissen, an die am 9. Oktober in Leipzig erinnert wird.
Die Stelen mit deutsch-englischen Texten und Bildern enthalten auch einen QR-Code zur kostenfreien Museums-App „Leipzig ’89“. Diese bietet einen GPS-gestützten Stadtrundgang und eine Hörführung in sieben Sprachen sowie über 300 historische Fotos, Dokumente und zeitgenössisches Filmmaterial. www.runde-ecke-leipzig.de/herbst89-app