Historische Schulbibliotheken im Dialog zwischen Bibliotheken, Schulen und Forschung

Neue Kabinettausstellung in den Franckeschen Stiftungen

2.09.2025

 

(Halle/fs) -

 

›    Kabinettausstellung »Die Handbibliothek der Kunst- und Naturalienkammer« eröffnet neue Perspektiven auf die Entstehung der Präsentation der frühmodernen Universalsammlung.

›    Die Rekonstruktion der einzigartigen Büchersammlung zeigt, wie sich die Ordnung des Wissens im 18. Jahrhundert entwickelte.

 

Die Ausstellung wird am Dienstag, 9. September 2025, um 18 Uhr im Englischen Saal (Haus 26) eröffnet. Nach einem Vortrag von Dr. Thomas Ruhland, Interdisziplinäres Zentrum für Pietismusforschung (IZP), folgt ein Rundgang durch die Ausstellung. Der Eintritt ist frei

 

10. SEPTEMBER 2025 – 26. APRIL 2026│ HISTORISCHE BIBLIOTHEK, FRANCKEPLATZ 1, HAUS 22│EINTRITT 8€, erm. 5€, BIS 18 JAHRE FREI

 

 

Parallel zur Jahresausstellung »300 Jahre Neugier. Verborgenes Wissen aus der Wunderkammer des Waisenhauses« widmet sich die neue Kabinettausstellung in der Historischen Bibliothek der Franckeschen Stiftungen einem bislang kaum beachteten Schatz: der Handbibliothek der Kunst- und Naturalienkammer.
 
Die Ausstellung wird am 9. September 2025 um 18 Uhr im Englischen Saal (Haus 26) eröffnet. Den einführenden Vortrag hält Dr. Thomas Ruhland (Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Interdisziplinäres Zentrum für Pietismusforschung), der die Handbibliothek in intensiven Recherchen rekonstruieren und in der Bibliothek der Franckeschen Stiftungen nachweisen konnte. Damit erschließt er erstmals eine zentrale Quelle für die Geschichte der Wunderkammer im Halleschen Waisenhaus.
 
1736 erhielt der Kupferstecher, Maler und Naturkundler Gottfried August Gründler (1710–1775) den Auftrag, die Kunst- und Naturalienkammer der Glauchaschen Anstalten – wie die Franckeschen Stiftungen im 18. Jahrhundert hießen – neu zu gestalten. Er richtete die Sammlung nach den modernsten wissenschaftlichen Standards seiner Zeit ein: Naturalia und Artefakte erhielten ihren Platz in reich verzierten Schränken, die er zum Teil mit prachtvollen Bekrönungsmotiven versah. Zum ersten Mal in der Geschichte eines Museums ordnete er die Naturalia nach dem System Carl von Linnés, dessen Systema Naturae 1735 erschienen war. Bereits 1740 erschien in Halle die erste deutsche Übersetzung, an der Gründler maßgeblich beteiligt war.
 
Für seine Neukonzeption konnte Gründler auf die rund 50 Bände umfassende Handbibliothek zurückgreifen, die im Unterteil des Schriftenschrankes aufgestellt war. Neben Neickels Museographia (1727), einem Standardwerk über die Einrichtung von Wunderkammern, nutzte er weitere reich illustrierte Werke zur Systematisierung von Sammlungen. Sie dienten ihm nicht nur bei der Anordnung der Objekte, sondern auch für seinen Katalog, in dem zahlreiche Stücke erläutert wurden – ein Ersatz für Objektbeschriftungen, die damals noch nicht üblich waren.
 
Die Kabinettausstellung zeigt eine Auswahl dieser eindrucksvollen Bände, die Gründlers Arbeit prägten und die Wunderkammer zu einem Spiegel frühneuzeitlicher Wissensordnung machten. Nach Gründlers Wirken, das 1741 mit der feierlichen Übergabe der Sammlung abgeschlossen war, führte sein Nachfolger Johann Abraham Rüdel (1698/1700–1777) den Bestand weiter. 1771 wurde die Handbibliothek schließlich vollständig in die Bibliothek des Halleschen Waisenhauses überführt.
 
Mit der Präsentation dieser einzigartigen Bücher macht die Kabinettausstellung ein zentrales Fundament der frühneuzeitlichen Sammlungskultur sichtbar – und eröffnet neue Einblicke in die Geschichte der Wissensordnung im 18. Jahrhundert.