23.09.2025
Von Simone Bastreri
(Trier/sb) – Ein Stummfilm mit Orgelmusik, ein politisches Nachtgebet zum Thema Umweltschutz, ein Parcours auf den „Spuren Jesu“ oder die Atmosphäre des illuminierten Trierer Doms und der Konstantinbasilika: Wer sich am 20. September zu einem Besuch der zweiten Trierer Nacht der offenen Kirchen entschieden hatte, konnte aus einem bunten Angebot in zwanzig Gotteshäusern wählen. Die Trierer Innenstadt war auch wegen des parallel stattfindenden Straßenkunst- und Theaterfestivals voll – und viele Besucherinnen und Besucher nutzten die Gelegenheit, Konzerte, Gebete, Meditationen, Ausstellungen und Vorträge zu besuchen. Die Nacht der Kirchen „lädt dazu ein, Gottes Gegenwart zu spüren“, so Bischof Stephan Ackermann, der zum Auftakt des „Nightfever” einen Gottesdienst in der Marktkirche St. Gangolf feierte. „Seine Tür und sein Herz stehen uns immer offen. Wir sind aber nicht immer offen für ihn.“ Deshalb sei die Nacht der offenen Kirchen mit den vielfältigen Angeboten, die Menschen an diesem Abend gestalteten, wichtig.
Vielfalt christlichen Glaubens wird sichtbar
Die teilnehmenden Kirchen erstreckten sich vom Stadtteil Heiligkreuz bis nach Pfalzel, wo unter anderem die älteste Organistin der Welt, die 99jährige Spanierin Montserrat Torrent, aufspielte. Evangelische und katholische Jugendliche waren gemeinsam zum Jugendgottesdienst nach St. Agritius im Osten Trier gekommen, den der evangelische Jugendpfarrer Matthias Ratz leitete. Damit niemand hungrig nach Hause gehen musste, gab es im Anschluss Suppen und Cocktails ohne Alkohol. Solche Angebote wären nicht möglich ohne die Hilfe von Ehrenamtlichen wie der 14-jährigen Gymnasiastin Anne aus Euren, die im Juni zur Konfirmation kam. „Mir machen gerade solche Events Spaß, wo es etwas zu organisieren gibt und man Gemeinschaft erleben kann.“ Beim später einsetzenden Regen konnte Anne dann gleich tatkräftig gemeinsam mit dem evangelischen Jugendseelsorger Macks Heinz, 28, anpacken: gemeinsam schleppten sie die schweren Suppenbehälter nach drinnen in den Pfarrsaal. Ein paar Hundert Meter weiter in Richtung Norden lockten verschiedene Konzerte und ein offenes Singen in der Barockbasilika Sankt Paulin, während in Sankt Martin zum Stummfilm „Der Galiläer“ dramatische Orgelklänge von Dekanatskantor Karl-Ludwig Kreutz aus Konz die Zuschauer in ihren Bann zogen. In der evangelischen Stadtmission am Viehmarktplatz hatten die Mitarbeitenden eine Erlebnisausstellung aufgebaut, durch die man der Person Jesu ganz nah sei und auf seinen Spuren folgen konnte. In der benachbarten Kirche Sankt Antonius war zwar nicht die ganze Welt zu Gast, aber doch viele verschiedene muttersprachliche Gemeinden. Während Kinder durch den Kirchenraum wuselten und im Nachbarraum das Kuchengeschirr klapperte, begrüßte der polnische Pfarrer Zbigniew Topolnicki die einzelnen Besucher herzlich. Chorsängerinnen und -sänger der polnischen, syrisch-katholischen, ukrainisch-griechisch-katholischen und eritreisch-orthodoxen Gemeinde zeigten mit ihren Beiträgen, dass der christliche Glaube ein weltumspannender ist.
Glaubenszeugnisse unterschiedlicher Art
Genau das sei das Zeichen, dass man mit der Kirchennacht setzen wolle, sagen auch die Organisatoren vom Arbeitskreis Ökumene Trier Pastoralreferent Thomas Kupczik und Pfarrer Thomas Luxa. Das diesjährige Motto „Ich glaube!“ knüpfe an das erste übergreifend anerkannte christliche Glaubensbekenntnis von Nizäa von vor 1.700 Jahren an, dessen Jubiläum dieses Jahr gefeiert werde. „Es ist lebendig, persönlich, aktuell und wichtig. Ich glaube! - das wird heute hier in Trier erfahrbar“, erklärte Luxa, Pfarrer der Evangelische Kirchengemeinde Trier. So zum Beispiel im gut besuchten Eröffnungsgottesdienst im Trierer Dom: Dort sprachen Vertreterinnen und Vertreter der an der Nacht der offenen Kirchen beteiligten evangelischen, katholischen, alt-katholischen, freikirchlichen, neuapostolischen und polnischen Gemeinden Glaubenszeugnisse.
Die Nacht der Kirchen sei eine gute Gelegenheit, die Vielfalt christlichen Glaubens in Trier zu zeigen, betonte auch Thomas Kupczik vom katholischen Pastoralen Raum Trier. Das beziehe sich nicht nur auf die verschiedenen Gemeinden, sondern vor allem auf die vielfältigen Formen, wie sich Christ*innen mit ihrem Glauben in die Gesellschaft einbrächten. „Das reicht vom persönlichen Gebet bis hin zur politischen Aktion.“ So legte die Jesuitenkirche den Schwerpunkt auf das Gedenken an die vielen auf der Flucht nach Europa verstorbenen Kinder, Frauen und Männer von 1993 bis heute, und in der Kirche Heilig-Kreuz ging es um die Bewahrung der Schöpfung angesichts von Klimawandel und Umweltproblemen. Die Herz-Jesu Kirche im Trierer Süden setzte als „queere Kirche“ in Kooperation mit der AIDS-Hilfe Trier ein Zeichen der Solidarität mit HIV-Kranken.