„Ein Beruf, der in die Tiefe menschlicher Beziehungen geht“

Ein Diakon blickt auf sein Beruf(ungs)leben zurück

Diakon Johannes Arnoldi hat als Diakon viele Berufsstationen erlebt - von der Pfarrgemeinde über das Krankenhaus bis zum Gefängnis. © sb
Diakon Johannes Arnoldi hat als Diakon viele Berufsstationen erlebt - von der Pfarrgemeinde über das Krankenhaus bis zum Gefängnis. © sb

7.07..2025

 

Der Diakonat ist ein Weiheamt, das auch verheirateten Männern offensteht und ganz nah am Menschen arbeitet. Für Johannes Arnoldi ein Traumberuf, wie er kurz vor seinem Ruhestand erzählt.

 

Von Simone Bastreri

 

(Wittlich/Grimburg/sb) – Sein Beruf hat ihn ins Gefängnis geführt: Johannes Arnoldi hat acht Jahre lang die schwedischen Gardinen des Wittlicher Gefängnises von innen gesehen, jedoch nicht als Insasse, sondern als Seelsorger. Genauer: als Diakon. Heute kennen viele Menschen dieses kirchliche Amt gar nicht mehr oder wissen nicht genau, was es alles umfasst. Für Arnoldi, der am 4. Juli in Ruhestand geht, ist es nicht nur ein Beruf, sondern eine Berufung gewesen. „Wer gerne mit Menschen zu tun hat, und zwar nicht nur oberflächlich, sondern in die Tiefe gehen möchte, für den ist der Beruf auf jeden Fall etwas.“ Den 64-Jährigen hat das Diakonenamt in Gemeinden, in die Kliniks- und schließlich in die Gefängnisseelsorge geführt – und zwar als verheirateter Mann. Denn weniger bekannt ist, dass Diakone im Gegensatz zu Priestern in einer Ehe oder Beziehung leben dürfen.  

 

Ein Amt, dass auch Verheirateten und Menschen mit anderen Berufen offensteht 

Am Ende seines Berufslebens blickt er auf das, was das Diakonat so besonders macht: „Zum einen sicherlich, dass dieses kirchliche Amt auch jenen offensteht, die vorher schon andere Berufe hatten, die aus dem Leben kommen und Anknüpfungspunkte haben.“ Oder die aus anderen Gründen keine Priester werden können. „Wenn jemand dann gut ist und Empathie rüberbringt, ist das der richtige Job für ihn, denn da kann er wirklich sehr intensiv mit solchen Menschen arbeiten, die auf der Suche sind oder Glaubensstärkung und Bestätigung brauchen. Er kann Ansprechpartner bei Problemen sein, die im Lauf des Lebens auftauchen können.“ Arnoldi selbst wurde 1961 in Malborn geboren, ist verheiratet und hat einen Sohn. Seinen Lebenslauf prägen unterschiedliche Stationen: Nach seinen Ausbildungen zum Forstwirt und zum Industriekaufmann ließ er sich ab 1992 zum Krankenpfleger ausbilden und arbeitete einige Jahre in diesem Beruf im Mutterhaus der Borromäerinnen Trier. Warum der Wechsel? „Neugierde“, antwortet Arnoldi ohne Umschweife.  

 

Vom Kirchenkritiker zum Diakon 

Als Krankenpfleger in Trier hatte er immer mal wieder mit Priestern zu tun, auch durch die Betreuung des kranken Bischof Bernhard Stein. „Aber ich war damals ziemlich weit von der Kirche entfernt, und wenn es darum ging, auf sie einzuknüppeln, immer vorne mit dabei. Bis ich mir gesagt habe: ‚Du machst da mit, ohne wirklich etwas darüber zu wissen‘. Also habe ich meine Chance genutzt, den Priestern meine vielen Fragen zu stellen, die ich so hatte.“ Seine Gesprächspartner schlugen vor, ob er sich bei dem großen Interesse nicht intensiver mit dem Thema beschäftigen wolle, es gebe da ein Fernstudium in Theologie. Arnoldi zögerte nicht lange und absolvierte das Studium. 1998 wurde er zum Diakon geweiht, blieb aber zunächst im Pflegeberuf. So sieht die eine Variante aus: der Diakon mit Zivilberuf. Eine gute Möglichkeit für alle, die neben ihrem Job in der Seelsorge arbeiten wollen. Das tat Arnoldi in der Pfarrei Sankt Martinus in Hermeskeil. Dabei blieb es für den Malborner jedoch nicht; er machte den Diakonat zu seinem Hauptberuf – die zweite Variante. Dafür ist ein zweijähriges Zusatzstudium nötig, inklusive Pastoralkurs. Diese Praxiszeit absolvierte Arnoldi in Hoppstädten-Weiersbach Heimbach. 2006 ging es dann für ihn für über zehn Jahre in die Klinikseelsorge ins Klinikum Idar-Oberstein, Baumholder und Birkenfeld. „Als Krankenpfleger wusste ich, was auf mich zukommen würde, da geht es ja ans Eingemachte.“ Der Job sei nicht einfach gewesen, aber er erinnere sich gern an die Zeit, sagt Arnoldi. Mit seiner evangelischen Kollegin arbeitete er sehr gut zusammen, genau wie mit dem medizinischen Personal. „Viele Hinweise kamen von den Kollegen: Können Sie bei diesem oder jenem Patienten mal vorbeischauen, das würde ihm oder ihr guttun“, berichtet Arnoldi. „Als Seelsorger sind wir aber für alle da – von der Putzfrau bis zur Chefärztin.“ Durch die enge Zusammenarbeit entstehe Vertrauen – die wichtigste Währung für einen Diakon überhaupt.  

 

Im Gefängnis gelten eigene Regeln 

Das gelte auch für seine nächste berufliche Station – die Justizvollzugsanstalt Wittlich (JVA), wo er ab 2017 eingesetzt war. Ein Gefängnis wie Wittlich, selbst eine Art Kleinstadt, habe ganz eigene Regeln. So müsse vor allem der Respekt vor dem Wachpersonal deutlich eingehalten werden. „Für die Gefangenen darf nicht das Bild entstehen: Das sind die Seelsorger, die können uns Sachen besorgen und die können wir um den Finger wickeln. Wir reden da schon Klartext mit den Gefangenen, erinern sie an ihre Verantwortung gegenüber der eigenen Familie, den Eltern.“ Am allerwichtigsten sei das Seelsorgegeheimnis, das die Vertrauensbasis zwischen Insassen und Seelsorgenden stärke. Trotzdem müsse man sich eine professionelle Distanz aneignen, genau wie im Krankenhaus oder der Notfallseelsorge, die er auch einige Jahre machte. „Der liebe Gott steht durch uns als Person immer mit im Raum, aber im Gefängnis ging es oft weniger ums Beten, sondern vielmehr um Gespräche. Auch über Schuldfragen.“  

„Mein Punkt war, ich wollte ansprechbar sein als Seelsorger – sowohl bei Kritik, wenn Menschen ihren Frust über Kirche loswerden wollen, als auch bei Fragen und Problemen.“ Ein Diakon müsse bei den Menschen in der Pfarrei sein, ganz nah, Augen und Ohren offenhalten. Als Diakon hat Arnoldi Menschen durch alle Lebensphasen begleitet – bei Taufen, kirchlichen Trauungen, Begräbnisfeiern, hat Wortgottesdienste gefeiert und war da für Menschen mit ihren ganz eigenen Bedarfen da – als Vertrauens- und Respektsperson.